Die deutsche Regisseurin Andrea Schwalbach inszeniert am Stadttheater Eduard Künnekes Operette Der Vetter aus Dingsda. Ein Gespräch über Schlager, Humor und Berliner Schnauze.
von Karin Waldner-Petutschnig/Kleine Zeitung
Sie sind eine ausgewiesene Musiktheater-Spezialistin. Warum Musiktheater?
Andrea Schwalbach: Das war schon immer so. Eigentlich komme ich vom Tanz. Ich kann ohne die Struktur von Musik nicht arbeiten. Reines Schauspiel gibt´s bei mir nicht, da muss dann immer auch Musik drin sein.
Sie sind von Neuer Musik über Oper, Operette und Musical breit aufgestellt. Gibt´s Vorlieben?
Ich freue mich immer, wenn mein Spielplan durchwachsen ist! Zuletzt habe ich in Heidelberg Hoffmanns Erzählungen gemacht, jetzt hier den Künneke, dann kommt noch ein Musical in Oldenburg, Chess von Abba.
Von Abba?
Ja! »One Night in Bangkok …« (fängt an zu singen). Das ist sehr aktuell, es ist Kalter Krieg und es geht um die Schachweltmeisterschaft. Das ist wirklich gute Musik.
Wie gefällt Ihnen Der Vetter aus Dingsda?
Ich liebe diese Operette! Künneke kommt ja eigentlich von der Oper. Sie werden da ganz viele Sachen drin hören, ein bisschen Strauss und Wagner, man hört „Hänsel und Gretel“ von Humperdinck. Da braucht man wirklich zwei große Opernstimmen. Der Vetter aus Dingsda ist eine der wenigen Operetten ohne Chor, fast ein Salonstück, unglaublich komisch. Es gibt Foxtrott, Tango, Walzer. Ein Stück voller Schlager.
Inhaltlich ist die Geschichte vom reichen Mädchen, das seit Jahren auf seinen Verlobten wartet, der irgendwo in »Dingsda« ist, ja eher einfach gestrickt.
Operetten sind von der Story her oft dünn. Das ist wie ein Stück Papier: Einmal gehustet und es ist ein Lock drin. Hier sind die Figuren aber sehr gut gearbeitet. Es ist ein wenig eine Lustige-Witwe-Geschichte, denn Julia hat das Geld, die ganze Verwandtschaft ist von ihr abhängig, und so lange sie in den Mond schaut, müssen die anderen auch in den Mond schauen, insoweit ist sie frei. Es ist ein bisschen wie eine Commedia dell’arte aufgebaut aber eben mit Berliner Humor.
Versteht man den in Österreich?
Humor ist etwas ganz Spezielles. Weinen tun wir alle über dasselbe – über Verlust. Aber lachen ist von Landstrich zu Landstrich, von Stadt zu Stadt anders. Ich weiß noch nicht, wie der Kärntner Humor ist, bin sehr gespannt!
Wie Berlinerisch ist denn die Sprache?
Da haben wir große Diskussionen gehabt (lacht)! Ich habe keine Berliner hier. Wagner-Trenkwitz etwa spricht ein gutes klares Hochdeutsch. Da Berlinerisch draufzudrücken, will ich nicht. Wenn da drunter noch ein bisschen weichere Färbung ist, dann ist das gut. Wir haben jetzt nicht »icke« verwendet, die Zunge muss laufen. Wenn ich nach Österreich komme, muss ich sagen: Ja, die können das, die wissen wie´s geht, so eine Leichtigkeit. Ich merk auch, dass die Musikerinnen und Musiker hier zuhören.
Wie weit haben Sie in den Text eingegriffen?
Die Geschichte spielt im Berlin der 20er-Jahre. Da muss man natürlich ran, das kann man nicht mehr so machen wie die das damals gemacht haben. Aber das Ganze ins Heute zu ziehen, finde ich krampfig, dann ist der Charme weg. Es braucht Nostalgie, ein bisschen Staub muss da dransitzen, den man versucht wegzupusten. Die Geschichte ist lustig, hat auch schöne Dialoge.
Ich habe – das mache ich immer – meine Fassung geschrieben. Man muss frech bleiben, braucht es aber nicht völlig zu aktualisieren. Die Dialoge benötigen Tempo, dürfen nicht so Erklärtexte werden. Allerdings sind da Sachen drin, die ich als Frau schwierig finde. Da wird gesagt: »Liebling, du sollst nicht so viel denken, du sollst dir dein Köpfchen nicht so verrenken.« Eigentlich will er ja nur sagen: »Lass dein Herz sprechen, ich bin der Richtige.« Ich hab´s ein bisschen verändert, aber es muss sich reimen.
Sie sagen, ohne Musik geht nichts bei Ihnen. Wie schalten Sie nach der Probenzeit ab?
Mein Kopf ist nach so einem Tag voll mit diesen Ohrwürmern. Damit ich schlafen kann, höre ich dann entweder Hardrock oder Folksongs, damit ich anfange, etwas anderes in meinem Kopf zu singen.