Franz Klammer, der Jüngling vom Magdalensberg und die Buberlpartie: Am Donnerstag feiert Bernd Liepold-Mossers „Servus Srečno Kärntenpark“ Premiere im Stadttheater.
Ist Ihr Stück „Servus Srečno Kärntenpark“ eine Liebeserklärung an Kärnten oder eine Abrechnung mit dem Land?
BERND LIEPOLD-MOSSER (lacht): Eine Liebeserklärung. Echte Liebe ist ohne Wahrhaftigkeit zum Scheitern verurteilt. Ich habe zu Kärnten auf jeden Fall ein enges und ambivalentes Verhältnis.
Wie spiegelt sich dieses ambivalente Verhältnis in Ihrem Stück?
Anlass für das Projekt ist das Jubiläum zu 100 Jahre Volksabstimmung. Für Kärnten war das eine historischer Bruchlinie: Die Volksabstimmung und der zum Mythos verklärte Abwehrkampf haben für die nächsten 100 Jahre die politische Selbstbestimmung definiert. Ich bin ja in Griffen am Rande des zweisprachigen Gebiets aufgewachsen, und da haben politische Diskussionen scheinbar zwangsläufig in der Frage gemündet: Bist du ein Deutschkärntner oder bist du ein Kärntner Slowene? Dabei hätte es nach 1920 auch ganz anders kommen können.
Und zwar?
Im 20. Jahrhundert hat die Glorifizierung des Abwehrkampfs die besondere Bedeutung des demokratischen Instruments der Volksabstimmung überlagert. Wenn man bedenkt, dass sehr viele Kärntner Sloweninnen und Slowenen für Österreich gestimmt haben und dass es nach der Volksabstimmung ein gemeinsames Fest in beiden Sprachen gegeben hat, so hätte die Geschichte eine völlig andere Abzweigung nehmen können: anstatt als Bekenntnis des Deutschtums hätte der 10. Oktober immer schon als Zeichen der direkten Demokratie, des Dialogs und der Gemeinsamkeit gefeiert werden können.
Wie kommt dieses schwierige Thema in Ihr Stück?
Das Stück handelt von einem Erlebnispark Kärnten/Koroška, in dem die Kärntner Geschichte als Historyland inszeniert werden sollen. Dabei geht es um wichtige Stationen der letzten hundert Jahre und um Kärntner Mythen. Die Veranstaltung tendiert aber zur Farce, weil es im Erlebnispark an Geld mangelt und das Unternehmen sich am Rande des Scheiterns befindet. Ich wollte einen leichten Zugang mit komischen und grotesken Elementen finden, der auch das übertrieben Ernsthafte eines solchen Jubiläums mit dem Mitteln des Humors subvertiert. Ich hatte das Bedürfnis, mit diesem staatstragenden Thema auch ein bisschen meinen Spaß zu treiben.
Interessante Projekte, alle strudeln sich ab, es fehlt an Geld: Klingt ein bisschen so, als würden Sie dabei auch gleich über die Kärntner Kulturszene sprechen.
Natürlich, denn in der freien Szene strampeln sich die meisten furchtbar ab, um Projekte auf die Beine zu stellen, und viele Kunstschaffende müssen ein Leben in prekären Verhältnissen in Kauf nehmen, weil es strukturell an Geld fehlt. Bei solchen Jubiläen wie dem der Volksabstimmung braucht man die Kultur dann wieder dringend für das Selbstverständnis und um zu zeigen, wie viele Kreativität und wie viel intellektuellen und künstlerischen Output es in dem Land gibt.
Zurück zu den angekündigten Themen der Kärntner Landesgeschichte: Welche sind denn das neben der Volksabstimmung?
Das reicht vom Widerstandskampf der Partisanen über den Ortstafelsturm bis zum Ausbau des Landes zum Urlaubs- und Freizeitparadies. Ein Franz Klammer wird ebenso vorkommen wie der Karawankenbär aus dem Bärental und der Jüngling vom Magdalensberg als antike Blaupause für die rechtspopulistische Buberlpartie. Neben den geschichtlichen Themen und dem Freizeit- und Sportparadies spielt auch die Volkskultur und der berühmte Kärntner Gesang eine wichtige Rolle.
Geht es darum auch in der begleitenden Ausstellung in der Klagenfurter Stadtgalerie?
Für die Ausstellung habe ich ein Kärnten-ABC zusammengestellt: von Abwehrkampf und Bärental über Chorgesang, Ortstafelkonflikt bis zu Ulrichsberg, Volksabstimmung, Wörthersee und Zweisprachigkeit. Die beiden Projekte hängen unmittelbar miteinander zusammen: Elemente des Bühnenbildes finden sich in der Ausstellung, und Teile des Kärnten-Glossars sind in den Stücktext eingeflossen.
Das Y?
(lacht): Ja, immer schwierig. Generation Y, also die Millenials, die in den 1990 Jahren und nach der Jahrtausendwende Geborenen. Sie sind die erste Generation, für welche das sprachliche Bekenntnis, die Identitätspolitik und auch der Widerstand gegen den latenten Deutschnationalismus keine entscheidende Rolle für ihr Selbstverständnis spielen. Dieser Generation geht es um die Frage von Arbeitsplätzen und Zukunftsaussichten.
Schauen wir auch in die Zukunft: Das erste Klagenfurt Festival wird kommendes Jahr im Mai stattfinden?
Es ist so geplant. Wir haben ja unser Programm mit Künstlern wie Klaus Maria Brandauer, Clara Luzia oder Voodoo Jürgens um ein Jahr verschoben. Was mich gefreut hat: Wir hatten – noch ohne Werbung – schon über 500 Karten verkauft, und es sind nur zwei Karten retour gekommen. Ich sehe das als deutliches Zeichen, dass die Menschen das Festival und die Kultur insgesamt unterstützen wollen.
Und wie sehen Sie die Zukunft der Kulturszene, die ja durch schwere Zeiten geht?
Ich denke, die meisten haben die erste Zeit relativ gut überstanden. Das Problem wird mittelfristig auftreten, wenn im kommenden Jahr dann Verteilungskonflikte auf uns zukommen. Nicht nur innerhalb der Kultur, sondern auch zwischen Kultur und anderen Sektoren wie Bildung und Gesundheit. Dann werden wir sehen, was die Kultur dem Land wert ist.