Ein opulentes Meisterwerk mit großem Chor
Als Mendelssohn Bartholdys sich 1837 daran macht, die Geschichte des Propheten Elias zu erzählen, war sein vorrangiges Ziel, »dicke, starke« Chöre zu schreiben. Das Ergebnis war ein opulentes Meisterwerk, ein von tiefem Glauben geprägtes Oratorium. So wie Händels Messias von England aus seinen Siegeszug durch die Welt angetreten hatte, erkannte die Musikwelt auch im Falle des Elias schnell die überragende musikalische Meisterschaft des Werkes und räumte ihm einen Ehrenplatz unter den vergleichbaren Werken jener Zeit ein. Mendelssohns Musik zeichnet sowohl die dramatischen und harten Seiten des Elias, als auch dessen spätere Demut und Verzagtheit mit unvergleichlicher Meisterschaft nach.
Beim Konzert am Palmsonntag spielt das Kärntner Sinfonieorchester erstmals unter der Leitung des malaysisch-deutschen Dirigenten Harish Shankar. Neben seinen weltweiten Auftritten mit berühmten Orchestern erregte Shankar besonderes mediales Aufsehen durch seine musikalisch-therapeutische Arbeit mit traumatisierten Kindern und Jugendlichen. Wir freuen uns auf ein musikalisches Kennerlernen!
Felix Mendelssohn Bartholdys Elias erzählt die Geschichte eines alttestamentlichen Propheten, der mit Nachdruck seinen Glauben verkündet und dafür von König Ahab und Königin Isebel in die Wüste geschickt wirkt. Was hat diese Geschichte mit uns zu tun? Sagt sie auch etwas über die Menschen des Jahres 2022?
Harish Shankar: Die schwierigen geopolitischen Entwicklungen der letzten Wochen lassen auch uns Musiker nicht kalt. Und wir antworten – wie immer mit der Kunst. Wir führen hier ein großartiges Stück auf, in dem es um Standhaftigkeit geht. Da muss ich unweigerlich an die Menschen in der Ukraine denken. Aber auch auf einer Metaebene hat uns dieser Prophet, der vor fast 3000 Jahren gelebt hat, noch heute viel zu sagen. Es geht in seiner Geschichte um Anfechtung, Verzweiflung, aber auch um Erlösung. Ich denke, da können wir alle persönlich anknüpfen. Und wenn Sie sich wirklich auf die Musik einlassen, können Sie eine Katharsis miterleben.
Mendelssohn Bartholdys künstlerisches Ziel war zunächst gar nicht so prophetisch: Ihm ging es hauptsächlich darum, ein Werk mit »recht dicken, starken, vollen Chören« zu komponieren. Was erwartet die Zuhörer*innen bei diesem Oratorium?
Stimmt – die Gattung »Oratorium« ist bei einem so theatralischen Stück ein überflüssiges Korsett. Das Stück vereint die Opulenz der Oper, die Raffinesse der Kammermusik, und die Ergebenheit von tiefem Glauben mit höchstem Kunstsinn. Freuen Sie sich auf Mendelssohns Genie!